Umweltschützer: Berlins 29-Euro-Ticket ist verantwortungslos

Die SPD hat in Berlin ihr Wahlversprechen durchgesetzt, das regionale 29-Euro-Ticket kommt zurück. Der BUND sieht das sehr kritisch.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 380 Kommentare lesen

Das 29-Euro-Ticket war zur Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar 2023 eines der zentralen Wahlversprechen.

(Bild: spd.berlin)

Lesezeit: 3 Min.

Die Umweltschützer des BUND kritisieren scharf das für Berlin geplante 29-Euro-Ticket für den ÖPNV. "Der von der schwarz-roten Landeskoalition eingeschlagene Weg zeugt von einer großen Verantwortungslosigkeit, deren Auswirkungen nicht nur in Berlin, sondern bundesweit zu spüren sein werden", erklärte Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin. Das Projekt belaste die Finanzierung des Nahverkehrs und den Erfolg des Deutschlandtickets.

In eine ähnliche Richtung argumentierte zuvor Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), nachdem sich vorige Woche der Berliner Senat darauf geeinigt hatte, das Ticket für den Tarifbereich AB wieder einzuführen. Berlin hatte das Ticket schon einmal zum 1. Oktober 2022 eingeführt, zur Einführung des Deutschlandtickets am 1. Mai 2023 wieder abgeschafft.

Auf Basis dieses Tickets hätte der Senat besser Menschen mit geringem Einkommen mit zielgenauen Angeboten entlasten sollen, wie andere Bundesländer es vorgemacht hätten, meint der BUND. Er zeigt dabei auf Mecklenburg-Vorpommern, wo es ein Seniorenticket für monatlich 29 Euro gebe. In Hamburg gebe es zielgruppenspezifische Rabatte, einschließlich eines kostenlosen Schülertickets zum kommenden Schuljahr. In Berlin würden nun pendelnde Beschäftigte entlastet, die bereits seit Einführung des Deutschlandtickets und des günstigeren Jobtickets spürbar weniger für den Nahverkehr ausgeben müssten, kritisiert der BUND.

"Allein über den Preis wird die Verkehrswende nicht gelingen. Auch das Angebot muss stimmen", schreibt der BUND weiter. Die Gießkannenförderung beim 29-Euro-Ticket sei aber so teuer, dass zur Gegenfinanzierung im Haushalt ein dreistelliger Millionenbetrag zur ÖPNV-Finanzierung eingespart werden soll.

Das Beispiel Hamburg zeige, was mit dem Deutschlandtickets möglich sei. Dort hätten 38 Prozent der Bevölkerung ein Deutschlandticket, in Berlin sei es ein knappes Viertel. Nun sei zu erwarten, dass hunderttausende Menschen 29-Euro-Ticket wechseln werden, damit drohe auch dem Deutschlandticket ein erheblicher Rückschlag. Es stehe zudem bisher schon auf wackeligen Beinen, das zeigten die schwierigen Gespräche über dessen weitere Finanzierung in der Verkehrsministerkonferenz.

Vorige Woche verständigten sich dort die Verkehrsminister der Länder darauf, dass der Preis von 49 Euro für dieses Jahr bleiben soll. Allerdings hänge dies davon ab, ob der Bund seiner Verpflichtung nachkommt und die nicht verausgabten Finanzmittel aus 2023 auf das Jahr 2024 überträgt. Ob es auch 2025 bei dem Preis bleiben wird, ist noch nicht entschieden.

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) kritierte den Berliner Sonderweg vorige Woche scharf. Dem Tagesspiegel sagte er: "In Bayern können wir das Angebot im ÖPNV nur mit einem tiefen Griff in die Staatskasse aufrechterhalten, während Berlin als Hauptempfänger des Länderfinanzausgleichs quasi mit bayerischem Geld einen Gesamtrabatt für alle Fahrgäste finanziert." Wissing sagte im RTL, Berlin habe ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn die Landesregierung vom Bund mehr Geld fürs 49-Euro-Ticket fordere und gleichzeitig ein noch günstigeres Regionalticket einführe.

Das 29-Euro-Ticket war ein zentrales Wahlversprechen der Berlin SPD. Landesvorsitzende Raed Saleh ging es dabei vor allem um Entlastung der Menschen angesichts der Inflation. Die sei mit dem 29-Euro-Ticket größer als mit dem Deutschlandticket. Allerdings ist das Berliner Ticket im Gegensatz zum Deutschlandticket nur im Jahresabo erhältlich. Die Berliner Grünen sehen es als sinnvoller an, ähnlich wie in Hamburg ein für bestimmte Gruppen rabattiertes Deutschlandticket anzubietren.

(anw)